Anfang der 80er Jahre habe ich für Maximilian Schell ein Aquarellbild von Marlene Dietrich gemalt, für das Plakat seines Filmes "Marlene". Sie meldete sich eines Tages überraschend bei dem Produzenten und sagte, es sei das beste Portrait, dass jemals von ihr gemacht worden sei.
1990 haben ich dann zusammen mit ihr das Buch „Some Facts about Myself“ gemacht. Wir arbeiteten unter anderem in ihrer Wohnung in Paris. Ich wusste, wie wichtig es ihr war, nicht mehr gesehen zu werden und das respektierte ich. Also sass ich an der Tür im Vorzimmer, sie saß dahinter und hat Zettel unter der Tür durchgeschoben. Oder sie hat ihrer Haushälterin Madame Davis etwas gesagt, die es dann weiter gab.
Wenn ich oder meine Frau sie anriefen, hat sie sich oft auf französisch oder englisch als Madame Davis ausgegeben und gesagt, Madame Dietrich sei nicht zugegen. Wenn man dann sagte „Ich bin’s“, rief sie: „Ja Kindchen, warum sagen Sie das denn nicht gleich!“ Und dann fing sie an zu plaudern. Meist hat sie mit meiner Frau telefoniert, weil diese sympathischer und charmanter ist als ich.
Marlene Dietrich gehört zu den Personen, die ich wirklich bewundere, weil sie mit über Neunzig noch so kindlich-lustig war, frech und spontan. Manchmal begann sie plötzlich aus heiterem Himmel zu singen.
Als Greta Garbo starb, rief sie an und raunte in verschwörerischem Ton: „Haben Sie das schon gehört? - Die Garbo ist gestorben. - Woran, das schreibt die Presse natürlich nicht, denn Urinvergiftung würde ja nicht zur 'Göttlichen' passen! Und wissen Sie was die noch schreiben? - die nächste wird die Dietrich sein"! Dann lachte sie laut und schallend.
Einige Tage bevor sie starb, hat sie uns noch mal angerufen. Sie lallte und war kaum zu verstehen, wahrscheinlich als Folge eines Schlaganfalls. Kurz nach ihrem Tod rief ihr Biograf David Brat an, dem sie sehr vertraut hatte. Er erzählte uns, dass Marlene ihm telefonisch die Namen von 7 Personen mitgeteilt hätte, die er nach ihrem Tode kontaktieren sollte. Zwei davon konnte er nicht verstehen, unter den restl. 5 waren meine Frau und ich. Da wurde uns erst klar, wie einsam sie gewesen sein muss.